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Ein Stück, dass unter die Haut geht

Bietigheimer Zeitung, MIRIAM STAUDACHER | 07.02.2015  {flike}

An diesem Samstag feiert die Besigheimer Studiobühne mit dem Stück "hautnah" von Patrick Marber Premiere. Es geht um Sex, Gier, Verzweiflung und Lügen im zwischenmenschlichen Miteinander. Ein Bericht von der Generalprobe.

Wenn sich an diesem Samstagabend der Premierenvorhang im Theaterkeller des Steinhauses in Besigheim öffnet, bekommen die Zuschauer mit Patrick Marbers Werk "hautnah" ein Stück zu sehen, das sich als unmittelbar leicht präsentieren will und in dem schlaglichtmäßig dem Betrachter Situationen vor Augen geführt werden, die teils wortwörtlich "hautnah" sind.

In kurzen Szenen erzählt das Theaterstück von den miteinander verknüpften Beziehungen und Schicksalen der Hauptprotagonisten, des Schriftstellers Dan, der Stripperin Alice, der Fotografin Anna und des Arztes Larry, die im Verlauf der Geschichte immer tiefer in einem Strudel aus Sex, Gier, Verzweiflung und Lügen versinken.

"In diesem Stück wird der Zuschauer gezwungen, sein eigenes Verhältnis zu Treue, heimlichen Sehnsüchten und sexuellen Begierden zu bewerten und sich der Frage nach der eigenen Angst vor Einsamkeit zu stellen", erläutern die beiden Regisseure der Produktion, Achim Enchelmaier und Daniel Neumann, in einem Gespräch mit der BZ nach der letzten Probe.

"Die Sprache in ,hautnah' ist eine sehr deutliche", machen sie klar und ergänzen: "Aber das ist die Realität. Und die kann manchmal eben schmerzhaft sein." Zusätzliche Intensität erhält das Spielgeschehen durch das gewollt schlicht gehaltene Bühnenbild: "Nichts lenkt ab vom Gesagten - den Leidenschaften, Verletzungen und sexuellen Deutlichkeiten, die sich die Personen entgegenschleudern", so Achim Enchelmaier und Daniel Neumann und nehmen ihre Besucher quasi mit in die Verantwortung: "Wie sehr die Geschichte den Zuschauer berührt und welche Gedanken ihn am Ende des Stückes mit nach Hause begleiten, wird dieser selbst mit sich ausmachen müssen."

Info "Hautnah" von Patrick Marber wird von diesem Samstag an achtmal im Steinhaus aufgeführt. Informationen zum Kartenvorverkauf und zur Kartenreservierung auf

Neues Winterstück: "Hautnah"

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Unser neues Winterstück im Jahre 2015: "Hautnah" von Patrik Marber.

Infos zum Kartenvorverkauf oder Reservierungen: HIER

Zum Autor:

Patrick Marber

Patrick Crispin Albert Marber (* 19.9.64 in Wimbledon) besuchte die Rokeby Preparatory School, die St Paul’s School (London), die Cranleighs School sowie das Wadham College in Oxford. Nach Beendigung seines Englischstudiums arbeitete er einige Jahre als Stand-up Comedian in London sowie als Autor und Darsteller für die Radio Shows On the Hour und Knowing Me, Knowing You, die Spin-offs nach sich zogen (The Day Today, Paul and Pauline Calf's Video Diaries).
2004 wurde Marbers Drama Closer unter der Regie von Mike Nichols mit Natalie Portman, Jude Law, Julia Roberts und Clive Owen verfilmt und konnte zwei Nominierungen für einen Oscar erringen. Natalie Portman wurde als „Beste Nebendarstellerin“ und Clive Owen als „Bester Nebendarsteller“ nominiert. Außerdem war der Film in mehreren Kategorie für den Golden Globe Awards 2005, den British Academy Film Award 2005, den Online Film Critics Society Award 2004 sowie für weitere Auszeichnungen nominiert.


Zur Handlung:

London in den Neunzigern. Eine Großstadt mit vielen Menschen und doch so vielen Einsamen. Inmitten dieses Molochs begegnen sich der erfolglose Schriftsteller Dan und die gerade von New York nach England gekommene Alice. Diese zwei so unterschiedlichen Personen verlieben sich sofort ineinander. Dan verlässt für sie seine aktuelle Freundin. Doch als Dan ein Jahr später für einen auf Alice' Leben basierenden Roman photographiert werden soll, flirtet er mit der Photographin Anna. Als sie ihn abweist, gibt er sich auf einer Sex-Seite im Internet gegenüber dem Arzt Larry, der am Anfang in Gegenwart Dans schon Alice behandelt hat, als Anna aus und arrangiert ein Treffen der beiden. Doch Anna und Larry verstehen sich spontan und beginnen selber eine Beziehung, in deren Verlauf beide heiraten. Doch auch dieses Glück ist nicht von Dauer. Anna beginnt ein Verhältnis mit Dan und alle Protagonisten versinken immer tiefer in einem Strudel aus Sex, Gier, Verzweiflung und Lüge …

Die Sprache des Stücks ist zuweilen sehr deutlich und vielleicht sogar obszön für manche. Doch das Stück hält dem Zuschauer eine Art Spiegel vor, den er nicht ignorieren kann. Egal, ob männlich oder weiblich – die Situationen sind dem Zuschauer vertraut. Und auch wenn die Sprache manchmal deutlich wird – es ist die Realität. Und die Realität kann manchmal ehrlich und schmerzhaft sein. Wir alle Streben auf unsere eigene Art und Weise nach Glück und Befriedigung. Aber so sind wir Menschen einfach – oder um es mit Edgar Allan Poe zu sagen:  „Ist, was wir scheinen oder schaun, doch nur ein Traum in einem Traum?“


 

"Einer flog über das Kuckucksnest": Bis zum Ende knisternd

Bietigheimer Zeitung, SUSANNE YVETTE WALTER |    21.07.2014

Die Besigheimer Studiobühne hat mit "Einer flog über das Kuckucksnest" ein neues Stück in petto. Bei der Premiere am Samstag gab es stehende Ovationen für das Laienensemble.

Keine Komödie und nichts Historisches: Für seine erste Inszenierung auf der Besigheimer Studiobühne wählte Regisseur Daniel Neumann sozialkritischen Stoff, der schon in der Filmwelt großes Aufsehen erregte: "Einer flog über das Kuckucksnest" nach dem Roman von Ken Kesey und der Theaterfassung von Dale Wasserman. Bis zum Ende knisternd und mit viel Gefühl für die Psychiatriesituation wagte sich die Studiobühne in vier Probemonaten an das sensible Thema und landete damit einen Treffer.

Spätestens seit der zweiten Verfilmung im Jahr 1975 von Milos Forman ist "Einer flog über das Kuckucksnest" ein Begriff. "Ich wollte einfach mal etwas ganz anderes machen", erzählt Regisseur Daniel Neumann nach der Premiere der Besigheimer Studiobühne am Samstagabend. "Kein Klamauk, sondern vielmehr etwas, das anders berührt und haften bleibt." Natürlich war der Aufwand groß: angefangen bei den Kulissen, die in Eigenregie der Theatermacher entstanden sind, der aufwendigen Ausstattung wie Krankenhausbetten und mehr. Auch schien es zunächst gewagt, mit einem Laienensemble derart diffizilen Stoff auf die Bühne bringen zu wollen. Doch das Vorhaben gelang - und mehr als das. Es zeigt die Vielseitigkeit der Besigheimer Akteure, die in ihren Rollen komplett aufgehen, allen voran Achim Enchelmaier als Protagonist Randle P. McMurphy. Er mimt authentisch bis ins Detail den Sunnyboy, der, um einer Gefängnisstrafe wegen sexueller Verführung Minderjähriger zu entgehen, in einer psychiatrischen Anstalt landet. Dort findet er einen eigendynamischen menschenquälenden Apparat vor, der auf aggressive Machtstrukturen gepolt ist. Die meisten Patienten unterwerfen sich, werden apathisch und ruhig gestellt, von Heilung und Unterstützung keine Spur, bis McMurphy auftaucht, der sie alle ins Herz schließt und die Party in die Anstalt bringt. Schwester Ratched (Claudia Enchelmaier) und McMurphy provozieren sich bis auf Blut. Die anderen Patienten folgen ihrem neuen Rudelführer nur zu gern, der endlich Leben in die weißen Räume bringt: Er organisiert eine Party mit Prostituierten, viel Alkohol und als besonderes Schmankerl mit starken Medikamenten. Anlass ist die geplante Entjungferung von Billy Bibbit (Silas Körner), den die Angst vor seiner machtbesessenen Mutter in die Anstalt getrieben hat. Als die Party entdeckt wird und Billy Bibbit mit einer bestrapsten Lady im Ruheraum erwischt wird, erhängt er sich.

Berühmt gemacht hat die Realtragödie einst auch die Perspektivenwahl: Aus der Sicht von Häuptling Bromben, einem Indianer, dessen Vater einst Opfer der Herrschaft der weißen Diktatur und Tyrannei geworden war. Er hat seinen Sohn früh teilhaben lassen an seinem Schicksal. Damian Bielat spielt brillant den scheinbar autistischen Indianer, der sich immer am Rand des Geschehens aufhält. Am Ende sorgt er für den Ausgleich. Was die Inszenierung der Studiobühne so lebendig macht, sind die ausgefeilten Charaktere der Schauspieler: nachtretende Pfleger, denen die Menschenverachtung und die Überheblichkeit ins Gesicht geschrieben steht, mimen Johannes Tief und Rudi Klein. Die leichte Mädchen spielen Meliha Tökmel als Candy Star und Amelie Hochmuth als Sandra. Als Patienten glänzen Felix Gosch (Scanlon), Hanspeter Hägele (Martini), Michael Rahms (Dale Harding) und Armin Gosch (Charles Cheswick). Dazu kommen die Charaktere des Anstaltpersonals: Schwester Flinn alias Emily Zundel, Ingo Engel in der Rolle des Dr. Spivey, der als einziger versucht, die Tragödie zu stoppen, und Pfleger Turkle (Eberhard Krieg), der für eine Flasche über alles hinwegsieht.

Info Insgesamt elf Mal zeigt die Besigheimer Studiobühne das Drama bis zum 10. August.

Schüler in antiken Rollen

Bietigheimer Zeitung, PATRICIA FLEISCHMANN | 21.10.2014

Zunächst gelangweilt leiern die Schüler in wechselnden Rollen den antiken Text herunter. Auf die Frage der Lehrerin, warum ihnen das Stück so wenig gefällt, erhält sie die Antwort: Die Dichter konnten damals davon ausgehen, dass jeder die Vorgeschichte kennt. Dem Publikum heute jedoch fehlt die Vorgeschichte. Dem kann man abhelfen. Unterlegt von Swing - Michael Kellini am "Tastenkasten" - erzählt das aufmüpfige Klassenzimmer, was vorher geschah: Die Geschichte von Iokaste und Laios, die kinderlos waren und das Orakel von Delphi in der Sache befragen.

An dieser Stelle kommt die Lehrerin von Meliha Toekmel zum Einsatz: Sie verteilt die Rollen des Orakels, Laios' und Iokastes an drei Schüler, die widerstrebend gehorchen. Und Sophokles' Text ordentlich umdichten: Das hier reichlich faule "Oh!-Rakel" von Karlotta Hochhuth - "Ich bin das Orakel von Deplhi und nicht das Dr. Sommer-Team" - prophezeit also, dass die Eltern sehr wohl einmal ein Kind bekämen, dass dieser Sohn allerdings dereinst seinen Vater morden und die eigene Mutter ehelichen würde.

Laios eilt heim und berichtet seiner Frau, die erbleicht: "Iokaste, wat haste?" Nun, schwanger sei sie, bekennt diese (Maxi Widmayer), ein Baseball-Käppi vor den Bauch haltend. Und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Weitere Rollen werden verteilt, ausgerechnet ein Schüler aus der letzten Reihe muss den Ödipus geben, jenen Mann, der als Säugling dank eines mitleidigen Dieners überlebt hat, unwissend seiner Vorgeschichte bei Adoptiveltern aufwächst, diese verlässt, nachdem er vom Orakel sein Schicksal hört, um sodann in der Ferne, die seine Heimat ist, wirklich seinen Vater zu morden und mit der eigenen Mutter vier Kinder zu zeugen.

Mit Felix Gosch kehrt vor allem der Rap auf die Bühne. Cool bis zum Umfallen. Er und der Kreon von Silas Körner liefern sich gar ein Battle. "Man könnte meinen, es sei alles in Butter, wär' seine Gattin nicht auch seine eigene Mutter... Die Söhne seine Brüder, die Töchter seine Schwestern. Wenn das die Nachbarn wüssten, gäb' es einiges zu lästern."

Es folgen noch eine mehr als zickige Sphinx (Emily Zundel) und etliche Songs. Neben Rap auch Soul und Gospel. Allen voran Michael Rothfuß' Priester: "Yo', Priester, was geht? - Eure Majestät!" Amerikanischen Predigtshows gleich verwandelt der die Studiobühne samt Parkett in andächtige Ekstase, mit einer super Stimme und Mundharmonika-Einlagen. Enden tut dieser Ödipus wie alle seine Vorgänger, und doch etwas anders, denn die Erkenntnis kommt in Reimform über Ödipus vom blinden Seher, denn der weiß bekanntlich "meher": "Du, ihr Macker, bist ein Motherf..."

Okay, ein professioneller Regisseur war hier mit im Spiel. Der Besigheimer Daniel Neumann ist aus der Branche, spielte zuletzt im Dortmunder Musical "Buddy Holly". Doch dass diese moderne Version funktioniert, liegt nicht zuletzt am Konzept von Bodo Wartkes Neudichtung: Schüler in antiken Rollen - dieses Spiel im Spiel liefert ja zugleich die Erklärung dafür, dass hier eben keine Profis auf der Bühne stehen.

Ein super Stück deshalb, gerade für Laienbühnen. Zwar sieht man den König Ödipus selten so verulkt wie in dieser Fassung. Wo einmal das Original deklamiert wird, halten die Darsteller das Reclamheft vielsagend in die Höhe. Macbeth ist hineingemogelt, die Marx Brothers treten auf und auch der Erlkönig kommt zu Wort. Zugleich jedoch sieht man den Ödipus mit seinem ganzen Komplex auch selten so ernst genommen.

Info Weitere Aufführungen an den folgenden beiden Wochenenden

Bildung gibt es nebenbei

Bietigheimer Zeitung, 15.10.2014, STEPHANIE KEBER

An acht Abenden kommen Besucher der Besigheimer Studiobühne in den Genuss des neuen Stückes "König Ödipus", das am Freitag im Steinhaus Premiere feiert. Ein Jahr hat sich das Ensemble vorbereitet
"König Ödipus" heißt die jüngste Produktion der Besigheimer Studiobühne, die am Freitag im Keller des Steinhauses Premiere feiert. Unter der Regie von Daniel Neumann spielt eine junge Truppe mit Schauspielern im Alter zwischen 14 und 28 Jahren das antike Drama von Sophokles in neuem Gewand.
 
Seit rund einem Jahr laufen die Vorbereitungen für dieses Stück, und die zwölf Schauspieler beschäftigten sich mitunter auch ausgiebig mit der Charakterentwicklung ihrer Rolle. "Das war wichtig, sich da hineinzufinden, zumal die Dialoge des Stückes komplett in Reimform geschrieben und deshalb sehr schwierig beim Einsprechen sind", erklärt der Regisseur. Mit den Proben wurde im April begonnen. "Jeder der zwölf Schauspieler übernimmt zwei Rollen und zwar werden sie während des Stückes vom Schüler in ihre jeweilige Rolle des König Ödipus schlüpfen", erklärt Neumann. Dies habe laut Neumann den Hintergrund, dass sich eine Lehrerin zu Beginn des Stückes mit ihren Schülern in einem Theater trifft, um ihnen die Geschichte des Ödipus näherzubringen. "Dies führt dazu, dass der Unterrichtsstoff real wird und die Schüler das Stück zum Leben erwecken", so Neumann
 
Auch ein Pianist wird zur musikalischen Untermalung auf der Bühne präsent sein. "Hinzu kommen Klänge einer Mundharmonika und das Klatschen, Stampfen und Springen der Schauspieler. Die Stücke werden alle live gespielt", sagt Neumann zur Musik in "König Ödipus".
 
Der preisgekrönte Klavierkabarettist Bodo Wartke hat sich der tragischen Geschichte des Ödipus von Theben, der seinen Vater erschlug und die Mutter zur Gemahlin nahm, angenommen. Herausgekommen ist eine sprachlich entstaubte, mit Humor und Musik gespickte Version, bei dem kein Auge trocken bleibt und die einen einfachen Einstieg in den berühmten Sagenstoff bietet.
 
"Das Stück ist für alle Altersklassen geeignet, denn Bodo Wartke hat es generationenübergreifend unterhaltsam und intelligent zugleich geschrieben. Außerdem vergisst das Stück die antike Tragödie nicht, und man könnte es auch unter dem Obertitel ,Bildung im Vorbeigehen laufen lassen", so Regisseur Daniel Neumann. Beim Bühnenbild von "König Ödipus" setzt die Studiobühne auf Minimalismus. "Wie auch im ursprünglichen Stück haben wir kein aufwendiges Bühnenbild, sondern es wird nur der Flügel dort stehen, und die Bühne hat zwei Ebenen", sagt Neumann.
 
Die Premiere von "König Ödipus" ist am Samstag, 18. Oktober, um 20 Uhr im Keller des Besigheimer Steinhaus. Weitere Aufführungen gibt es am 19., 24., 25., 26. und 31. Oktober sowie am 1. und 2. November. Karten im Vorverkauf gibt es im "magazeno", Kirchstraße 20, in Besigheim. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und Samstag von 10 bis 13 Uhr. Kartenreservierungen sind telefonisch unter (07143) 96 70 53 oder auf der Homepage der Besigheimer Studiobühne moglich.

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