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Gelungener Brückenschlag in die heutige Zeit
Premierenbericht in der LKZ/NEB: Stefan Friedrich
Es ist Sommer, Zeit für die Open-Air-Veranstaltungen der Besigheimer Studiobühne auf der Freilichtbühne am Steinhaus. Bei der Premiere der jüngsten Inszenierung hat am Samstag einfach alles gepasst: Glänzend aufgelegte Akteure und ein herrlicher Sommerabend vor stimmungsvoller Kulisse.
Eine ebenso pfiffige, wie mit wichtigen Gedanken und bis in die heutige Zeit aktuellen Motiven gespickte Gaunerkomödie haben die Akteure der Studiobühne in geradezu bemerkenswert fesselnder Weise auf die Bühne gebracht: „Der Alchemist“, ein wunderbares Stück um Fragen der Moral, des Betrügens und des Betrogenwerdens, wenn der tiefe Wunsch jeden mahnenden Verstand ausblendet und für ein raffiniertes Gaunerpärchen den Boden für deren Machenschaften bereitet. Ben Jonson hat es Anfang des 17. Jahrhunderts verfasst. Es ist vor allem auch der an klugen und mit vielen ebenso heiteren wie zum Nachdenken anregenden Einfällen reichen Inszenierung (Regie: Claudia Enchelmaier) zu verdanken, dass der Alchemist ein bemerkenswerter Brückenschlag in die heutige Zeit wurde.
Weil die Darsteller ihren Charakteren zudem ein hohes Maß an Authentizität und damit an Glaubwürdigkeit verliehen haben, ist „Der Alchemist“ eine wirklich sehenswerte Produktion geworden, die einmal mehr zeigt, wie hervorragend das Ensemble aufgestellt ist und wie beeindruckend die Darsteller in ihren Rollen aufgehen.
Ingo Engel (Dunst) und Armin Gosch (Lips) brillieren als Gaunerpärchen, das den weisen Professor und seinen hilfsbereiten Assistenten gibt, unterstützt durch die Dirne Dortchen (Claudia Lindenmann), die als Dritte im Bunde ihren Anteil an den Gaunereien hat, bei denen das Trio den tief verwurzelten Glauben ans Übersinnliche und die Wirksamkeit alchemischer Mittel ausnutzen. Und fast alle fallen darauf herein, sei es die gutgläubige Frau Dreyer (Miriam Staudacher), die sich am liebsten gleich verschuldet im Glauben an den zukünftigen Reichtum, den der vermeintliche Professor verspricht; sei es der schüchterne Schreiber Niedlich (Daniel Neumann) oder sei es Mammon (Damian Bielat), dessen Augen beim Gedanken an all das viele Gold, das die Alchemie hervorbringen kann, zu funkeln beginnen. Auch er zahlt gerne für das simple Versprechen famoser Gewinne, lässt sich auch nicht von Murrheim (Michael Rahms) warnen, der die Gaunerei erahnt. Dabei weiß zunächst niemand, dass dem Gaunertrio noch nicht einmal das Haus gehört, das sie bewohnen.
Wer wissen will, ob das gut gehen kann, sollte sich bis 4. August unbedingt eine der kommenden Aufführungen ansehen – gespielt wird jeweils freitags und samstags um 20 Uhr, sonntags um 19 Uhr. In weiteren Rollen dabei sind: Eberhard Krieg, Maxi Widmayer, Felix Gosch, Julia Griese, Volker Steder und Claudia Enchelmaier. Der Besuch dürfte sich lohnen, nicht nur aufgrund der erfrischend flott inszenierten Geschichte, die mit vielen humorvollen Momenten aufwartet, dabei nicht nur die Kindergruppe geschickt ins Spiel einbindet, sondern vor allem auch ein in vielen Teilen zeitloses Thema behandelt: Wenn die Gier und der Traum von Reichtum blind machen und die Opfer allzu leichtgläubig werden. „Der Alchemist“ ist in diesem Sinne auch mit 400 Jahren Alter ein wundervolles, noch immer sehr aktuelles Stück, das hinter seinem tiefsinnigen Humor jede Menge Wahrheiten verbirgt, über die es sich nach dem Theaterbesuch nachzudenken lohnt.