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Normaler Beziehungs-Wahnsinn - Studiobühne zeigt "Drei Mal Leben"
| 27.01.2016, Bietigheimer Zeitung
Foto: Martin Kalb
In Beziehungen spielt sich der ganze normale Wahnsinn ab, der sich in Nuancen verändert und damit Lawinen ins Rollen bringt. Das zeigt das neue Stück der Studiobühne: "Drei Mal leben" von Yasmina Reza.
Vier Klischee-Charaktere bestimmen die Tragikomödie "Drei Mal Leben" von Yasmina Reza. Sie reiben und sie maßregeln sich, wollen sich gegenseitig erziehen, scheitern, streiten, stolpern beim Versuch, ihre Fahnen verzweifelt hoch zu halten über die eigene Peinlichkeit und treiben sich gegenseitig fast in den Wahnsinn - ein idealer Stoff für eine Winterinszenierung der Besigheimer Studiobühne, die in ihrer Kammerspielzeit gern in die menschlichen Tiefen vordringt. Am Samstag, 30. Januar, ist Premiere.
Michael Rahms, Claudia Hermann, Armin Gosch und Miriam Staudacher von der Besigheimer Studiobühne spielen diese beiden ungleichen Paare. Die einen verlieren sich im Spagat zwischen Karrierehunger und Erziehungspflichten, die anderen repräsentieren die unternehmerische Oberschicht und freuen sich sadistisch darüber, andere über die Klinge springen zu lassen.
Die Tragikomödie hält, was das Genre verspricht. Michael Rahms als Astrophysiker Henry erlebt mit seiner Frau Sonja einen ganz normalen Abend, wo darum gestritten wird, ob der sechsjährige Sohn noch einen Apfel ans Bett gebracht bekommt oder nicht - Dialoge junger Eltern, die erzieherisch verschiedener Meinung sind. An der Tür klingelt einen Abend früher als ausgemacht ein potentieller Karrieregönner Henrys mit Gattin. Der Kühlschrank ist leer, die Peinlichkeit steigt, im Laufe des Abends platzen die Charaktere mit immer mehr Wahrheiten raus, die sich hinter der gespielten Höflichkeit verbergen.
Dreimal ereignet sich unter anderen Vorzeichen annähernd die gleiche Szenerie. Das schwarz-weiß modern anmutende Bühnenbild verstärkt die Konturen noch. Schiffbruch hat viele Gesichter, und durch die Nähe der Schauspieler zum Publikum brennt die Peinlichkeit so mancher Szene dem Zuschauer direkt auf den Pelz. Im Steinhauskeller finden rund 100 Zuschauer Platz,
"Das ist ein Kontrast zum großen bunten Sommertheater draußen. Diese nahe Atmosphäre eignet sich gut für tiefe und sensible Stoffe", sagt Regisseur Achim Enchelmaier. Er wählte diesen Stoff aus der Faszination heraus: "Man verändert nur wenige Details in einer Handlung, sorgt für ein minimales Verschieben und schon verändern sich ganze Abläufe. Das ist beobachtendes Theater, das durch die Akzentverschiebung lebt", begründet Enchelmaier seine Wahl. Das Publikum darf gespannt sein.
Info
Die Vorstellungen finden am 30. und am 31. Januar statt und am 5., 6., 7., 12., 13. und 14. Februar. Fällt die Aufführung auf einen Sonntag, beginnt sie statt um 20 Uhr wie samstags und freitags schon um 19 Uhr.