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Silas Körner muss seine eigene Tante erfinden
Angedacht war zum 30-jährigen Bestehen den „Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt aufzuführen, erzählt der Vorsitzende der Besigheimer Studiobühne, Armin Gosch. Jetzt kommt es aber im Garten des Steinhauses zu einem anderen Besuch einer alten Dame: Charleys Tante reist an. Die kommt aus Brasilien und wird von Charley sehnlichst erwartet, denn sie hat Geld und sucht einen Erben, außerdem ist der Besuch der Anstandsdame ein Grund, dass Charley Wykeham (Christoph Konkol) und sein Freund Jack Chesney (Felix Gosch) sich ihre Angebetenen dazuladen können (Emily Zundel als Kitty Verdunund Ramona Karst als Amy Spettigue). Nun kommt die Tante aber nicht rechtzeitig und da muss Lord Fancourt Babberley (Silas Körner) in die Bresche springen und in die Klamotten von Charleys Tante. Die Irrungen, Wirrungen, Lügen, Verwechslungen nehmen ihren Lauf und machen „Charleys Tante“ zu einem Klassiker der Kalauer.
1892 wurde das Stück von Brandon Thomas zum ersten Mal in London aufgeführt. In Deutschland wurde es vor allem durch die Fernsehfilme mit Heinz Rühmann (1955) und Peter Alexander (1963) in der Rolle der Tante bekannt. Beide Filme werden bis heute ständig wiederholt und sind Filmgeschichte.
Die Studiobühne, so Armin Gosch, der auch mitspielt, und zwar Colonel Sir Francis Chesney, den Vater von Jack, lässt die Komödie im Stile der 1950er-Jahre wiederaufleben. „Das ist bunter und einfacher, die richtigen Kostüme zu finden“, sagt er. Das Stück, so sagt Regisseur Daniel Neumann, habe alles, was eine gute Komödie ausmache: „Lügen, Irrungen, Verwechslungen und die Liebe, diese Faktoren sind immer gültig und darüber lachen die Leute auch. Hinzu kommt, dass ein Mann in Frauenklamotten schlüpft, das zieht auch heute noch.“
Deswegen sei das Stück, vor über einem Jahrhundert geschrieben, auch heute noch viele, viele Lacher wert. „Man meint aber, dieses klamaukige Stück sei einfach zu spielen, aber das stimmt nicht“, so der Regisseur. Punktgenau müssten die Witze, die Gags kommen, der lange Text müsse vom „personenlastigen“ Ensemble sitzen. „Die Textarbeit ist hier sehr wichtig“, so Neumann. Die Bewegungen zu den Gagsituationen müssten stimmen. „Alles in allem nicht einfach für ein Laienensemble“, sagt er.
Die Besetzung für die falsche Tante sei von Anfang an klar gewesen, erzählen Gosch und Neumann bei ersten Stellproben aus dem Nähkästchen: „Silas Körner musste einmal wegen einer verlorenen Wette als Frau verkleidet zu einem unserer Sommerfeste kommen, wir haben ihn nicht erkannt, er wurde sogar von Männern angeflirtet.“ Die Kunst sei nicht, wie eine Frau zu agieren, sondern zu zeigen, dass dahinter ein Mann stecke, sagt Neumann. Und er wolle nicht, dass Körner das Spiel seiner großen Vorgänger, Heinz Rühmann und Peter Alexander, nachahme. „Silas muss seine eigene Tante erfinden“, so Neumann.
SWP: |
Foto: Helmut Pangerl